14. Juli 2022
Wenn Knopfmacherinnen auf Reisen gehen, ist zumindest eine Grundausstattung an Material und Werkzeug immer mit dabei – so auch, als ich mit meinem Mann und guten Freunden für zwei Wochen in die Provence aufbrach. Dorthin zieht es uns seit Jahrzehnten immer wieder. Nur die Lavendelblüte hatten wir noch nie erlebt, weil wir immer erst im Spätsommer nach Südfrankreich gefahren waren. Das sollte diesmal anders werden! Deshalb legten wir unseren Urlaub auf Ende Juni/Anfang Juli und nahmen Temperaturen bis zu 37 Grad in Kauf. Es hat sich gelohnt!
Weil ich selber mich noch mit leichtem Schauder an die stundenlangen Diavorträge von einst erinnere, habe ich hier eine Art Urlaubstagebuch in Knöpfen zusammengestellt, die ich zu bestimmten Erlebnissen und Orten gestaltet habe.
Los geht’s natürlich mit dem Lavendel, dem wir auf unseren Ausflügen ständig begegnet sind – ebenso wie den Touristinnen, die sich offensichtlich mit großer Sorgfalt auf Fotoshootings in den Lavendelfeldern vorbereitet hatten: weißes, weites Kleid, Sonnenhut, gegebenenfalls die Kinder im passenden Outfit, mal Smartphone, mal mehrere Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven und Stativ. Die ultimative Kulisse ist natürlich die Abbaye de Sénanque, vor der neben all den vorsorglich mit Elektrozäunen eingefriedeten Lavendelfeldern eine Art Spielplatz-Feld angelegt ist, in dem sich die Fotofans vergnügen können.
Kein Provence-Urlaub ohne Märkte! Wir lieben besonders den Samstagsmarkt in Apt (was wirklich kein Geheimtipp ist, denn dorthin pilgern alle Reisenden), aber auch in Reillanne und in Forcalquier haben wir allerlei fürs Abendessen in unserem Quartier bei Saignon eingekauft. Vor allem die unglaubliche Fülle an Tomatensorten, die alle umwerfend schmecken, begeistert uns jedes Mal wieder.
Ich komme an den Ständen mit den provençalischen Stoffen, Tischsets und Servietten nie vorbei und bedaure stets, dass die Auswahl an den typischen Baumwolldrucken, den Indiennes, immer geringer wird. Offensichtlich sind die Muster, die ich so liebe, aus der Mode gekommen. Immerhin habe ich diesmal noch einige Meter ergattert und aus einem winzigen Eckchen einen Singleton-Knopf angefertigt.
Mindestens jeden zweiten Tag haben wir die Wanderschuhe geschnürt, um atemberaubende Schluchten und Hänge mit fantastischen Ausblicken zu erkunden. Während sich an den bekannten Hotspots die Touristen drängen, waren wir auf diesen Wegen fast für uns, zum Beispiel auf dem eindrucksvollen Fort von Buoux oder auf dem Weg zwischen der Abbaye de Sénanque und Gordes.
Auch die Wege im Forêt des Cèdres, dem Zedernwald bei Bonnieux, waren keineswegs überlaufen, und der Blick vom Aussichtspunkt ist einfach großartig.
Keine Reise in den Luberon ohne einen Abstecher zu den Ockerfelsen in Roussillon! Ich liebe es, wie diese Felsen im Abendlicht glühen und freue mich jedes Mal wieder auf diesen Anblick.
Auch die Stadt Marseille, mit der mich seit meiner Geburt freundschaftliche Beziehungen verbinden, steht immer auf unserer Ausflugsliste. Diesmal haben wir zum ersten Mal mucem, das vor neun Jahren eröffnete Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers, besucht und waren beeindruckt.
Aber natürlich durften auch ein Bummel am Vieux Port, dem alten Hafen, und durch das Viertel Panier nicht fehlen. Savon de Marseille, der traditionellen Marseiller Seife und sicher vielen Nachahmungen, begegnet man nicht nur dort auf Schritt und Tritt.
Ein überraschendes Erlebnis waren die Fêtes de la Tarasque in Tarascon. Wir hatten eine Touri-Falle im ganz großen Stil erwartet, weil das Drachenfest als besonderes Highlight im provençalischen Sommer angekündigt worden war. Doch als wir kurz nach elf Uhr durch die fast menschenleere Stadt auf das mit Fahnen geschmückte Rathaus zugingen, glaubten wir schon, uns im Datum geirrt zu haben, bis aus einer Seitenstraße Musik erklang und sich ein Zug von Musikgruppen, Schützen und historisch kostümierten Menschen auf genau diesen Platz zubewegte. Innerhalb von einer Viertelstunde versammelte sich eine große, fröhliche Menge Einheimischer vor dem Rathaus. Dort hatten wir bereits einen Logenplatz unter einem Granatapfelbaum bezogen, von dem aus wir das Geschehen mit offenbar launigen Ansprachen (schwer verständlich, da in südfranzösischer Mundart), krachenden Salutschüssen und einem von allen mit viel Leidenschaft gesungenen Lied perfekt beobachten konnten. Höhepunkt war dabei immer wieder der Auftritt der furchteinflößenden Tarasque, des Drachen, dem der Ort der Legende nach seinen Namen verdankt. Die Tarasque wird von einer Gruppe junger Männer mit viel Schwung und großer Geschwindigkeit durch die Gasse der Schaulustigen gezogen, wobei mich ein Einheimischer zur Vorsicht mahnte: „Elle revient, la Tarasque!“ Sie kommt noch einmal zurück – Vorsicht auf die Füße!
Wir hatten auf jeden Fall den Eindruck, dass dieses Fest der Tarasque von den Einheimischen keineswegs nur als Show für die Touristen, sondern ganz wesentlich zu ihrer eigenen Freude gefeiert wird – und damit auch sehr zu unserer Freude.
Zwar liefern die südfranzösischen Märkte mit Brot, Tomaten, Käse, Salami, Tapenade und vielen anderen Köstlichkeiten eine reichliche Auswahl für viele Picknicks und Abendessen, aber natürlich haben wir gelegentlich auch das eine oder andere Restaurant besucht. In Caseneuve, einem hoch gelegenen, winzigen Dorf mit rund 500 Einwohnern hatten wir schon 2018 ein außergewöhnliches Restaurant entdeckt: Le Sanglier Paresseux, das „faule Wildschwein“. Auf dessen Terrasse mit wundervollem Ausblick verbrachten wir auch diesmal wieder einen großartigen Abend mit kulinarischen Überraschungen.
Schon Monate vor unserer Reise hatte mein Mann Franz einen Fernsehbeitrag über das Eiscafé Art Glacier in Ansouis gesehen und dieses Lokal auf die Ausflugsliste gesetzt. Mit Recht: Die Eisbecher dort sind eine Augenweide und ein Gaumenschmaus (wenngleich ich auch mit etwas weniger Schlagrahm zufrieden gewesen wäre), und die Aussicht von der Terrasse aus ist wieder einmal grandios.
Ein weiterer Tagesausflug hat uns in die Camargue geführt, wo wir unter anderem durch den weitläufigen Vogelpark, den Parc ornithologique du Pont de Gau gestreift sind und unzählige Flamingos beobachtet haben.
So viele Erlebnisse in zwei Wochen! Ich selbst habe nach unserer Rückkehr nur einen kurzen Zwischenstopp zu Hause eingelegt, weil ich zwei Tage danach schon wieder zu einer Kurswoche im Ballenbergzentrum in der Schweiz aufgebrochen bin (davon im nächsten Beitrag mehr). Bleibt uns die Freude auf den Winter, denn wie immer, wenn wir in die Provence reisen, hat uns ein winziges Tonfigürchen nach Violau begleitet, das an Weihnachten in unserer provençalischen Santon-Krippe stehen wird.
Einstweilen schnuppern wir an den mitgebrachten (redlich erworbenen, nicht vom Feld gestohlenen!) Lavendelsträußen, genießen die letzten Gläschen Tapenade auf der Terrasse und träumen schon jetzt von unserer nächsten Reise in die Provence.
[Alle Links in diesem Beitrag sollen nur der weiteren Information dienen. Ich bin weder dazu beauftragt worden, noch werde ich dafür bezahlt.]