Knöpfe für die Krone

Rund zweihundert Viereckknöpfe wurden für die Polstermöbel im Hotel Krone gebraucht.

Ein äußerst spannendes Projekt hat mich in den vergangenen Wochen stark auf Trab gehalten: Ich habe rund zweihundert Knöpfe für die Polstermöbel in den neuen Gästezimmern des historischen Hotels Krone in Oettingen angefertigt, das zurzeit mit hohem Aufwand instand gesetzt, umgebaut und erweitert wird. Das Gebäude aus dem 15. Jahrhundert, vermutlich eines der ältesten der Stadt, wird durch einen schlichten, modernen Holzmodulbau ergänzt, in dem eine Lounge, Tagungsräume, ein Wellnessbereich und Hotelzimmer Platz finden.

Ich war sofort begeistert, als mir Manuel Schleier vom Architekturbüro Feulner & Häffner von der Idee berichtete, den Sofas und Betthäuptern in den Gästezimmern mit handgefertigten Posamentenknöpfen eine dezente besondere Note zu verleihen. So wie der neue Holzbau sich mit dem traditionsreichen Gebäude verbindet, sollten auch die traditionellen Knöpfe eine Brücke zur Vergangenheit schlagen. Was für eine wundervolle Gelegenheit zu zeigen, wie effektvoll Posamentenknöpfe in einem modernen Ambiente wirken können!

Erste Farb- und Knopfmuster auf dem Original-Polsterstoff

Als Polsterstoff hatte das Architekturbüro ein Gewebe aus 95 Prozent Wolle und fünf Prozent Polyacryl gewählt – zu meiner Freude in einer Melange aus Ecru und verschiedenen kühlen Grüntönen, zu denen ich die Garne für die Knöpfe anhand vorgegebener RAL-Farben zusammenstellen sollte. Ich wurde in der Farbkarte von Anchor Freccia 12 fündig und fertigte einige Musterknöpfe als Vorschläge an, bei denen ich nach Herzenslust in meinen Lieblingsfarben schwelgen konnte.

Dieser Posamentenknopf an einer Rieser Männerweste aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lieferte die Inspiration für die Oettinger Knöpfe. Foto: Alexander Smit/Trachtenkultur-Beratung des Bezirks Schwaben

Die Wahl des Planungsbüros fiel am Ende auf einen Viereckknopf in Anlehnung an den Rieser Westenknopf; eine gute Wahl, denn Oettingen liegt am Rand des Nördlinger Rieses. Der Originalknopf findet sich an einer Männerweste aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Weste gehört zum Bestand der Trachtenkultur-Beratung des Bezirks Schwaben, deren Leiterin Monika Hoede die historischen Knopfmachertechniken erforscht und inzwischen an viele Knopfmacherinnen weitergegeben hat. Der Historiker Alexander Smit hat den Rieser Westenknopf auf Instagram ausführlich beschrieben.
Zu meiner großen Erleichterung sollte bei den Knöpfen für das Hotel Krone jedoch die traditionelle Umrandung mit Languettenstichen wegfallen, denn bei insgesamt rund zweihundert Knöpfen hätte das den Zeitaufwand mindestens verdoppelt. Anhand meiner Musterknöpfe erarbeitete das Team des Architekturbüros acht Farbvarianten, von denen sieben umgesetzt werden sollten – mal nur acht oder 16, mal 32 Knöpfe in einem Farbschema.

Die Oettinger Variante des Rieser Westenknopfes gibt es in acht Farbvarianten.

In der Zwischenzeit hatte die Polsterfirma Haapo 1910 aus Achenkirch in Österreich bereits ein Mustersofa mit verschiedenen Gestaltungsvarianten produziert, beispielsweise mit und ohne Keder um die Kanten der Sitzkissen und mit festerer oder weicherer Polsterung. Ins Rückenpolster waren bereits die ersten Musterknöpfe eingearbeitet: ein Anblick, der mich für meine weitere Arbeit an dem Projekt stark motivierte.

Und diese Motivation war auch dringend nötig, denn die Zeit drängte. Der neue Hoteltrakt entstand parallel in der Zimmerei Stark in Auhausen – und zwar Zimmer für Zimmer als einzelne Module, die ab Ende Juli fertig eingerichtet mit dem Kran zum Gebäude zusammengesetzt werden sollten. Die Sofas und Betthäupter mussten bis dahin also komplett vor Ort sein.

So arbeitete ich jeden Tag viele Stunden in der Knopfwerkstatt und auf der Terrasse. Als die ersten 64 Knöpfe fertig waren, beschlossen mein Mann Franz und ich, sie persönlich nach Tirol zu bringen, denn wenn die Sendung auf dem Postweg verloren gegangen oder verspätet ausgeliefert worden wäre, hätte Haapo den Termin nicht halten können.

Das Knopfmobil bei der Polsterfirma Haapo in Achenkirch, Tirol

Nachdem wir Haapo-Betriebsleiter Daniel Noack die Knöpfe übergeben hatten, durften wir ihn in die Fertigungshallen begleiten und zuschauen, wie Knöpfe – in diesem Fall waren es stoffbezogene – in die Polster eingezogen werden. Und weil wir das ganze Wochenende durchgearbeitet hatten, genehmigten wir uns eine erholsame Wanderung am Achensee quasi als Überstundenausgleich.

Eine Wanderung am Achensee als Belohnung für viele arbeitsreiche Tage

Damit fehlten aber noch gut zwei Drittel der erforderlichen Krone-Knöpfe. Ich stellte längst nicht mehr jeden Knopf einzeln fertig, sondern bereitete zuerst das Grundgerüst für alle Knöpfe einer Serie vor und arbeitete mich dann von Farbe zu Farbe nach außen, um möglichst zügig und effizient voranzukommen. Zwischendurch wagte ich es doch, eine Teillieferung mit der Post zu verschicken, aber die kam, wie befürchtet, um Tage verspätet an. Also machten wir uns schließlich ein zweites Mal auf den Weg, um an die hundert Knöpfe persönlich in Achenkirch abzuliefern, und belohnten uns diesmal mit einer Wanderung am Großen Ahornboden in der Eng.

Überstundenausgleich bei einer Wanderung am Großen Ahornboden in der Eng

Inzwischen sind die Polstermöbel samt der Knöpfe fertig und von Tirol ins Ries gereist. Daniel Noack hat mir freundlicherweise einige Fotos vom Einziehen der Posamentenknöpfe in die Polster geschickt:

Die Posamentenknöpfe werden in die Sofapolster und Betthäupter eingezogen.
Fotos: Daniel Noack/Haapo 1910

Der neue Hoteltrakt in Oettingen hat bereits Gestalt angenommen: Die Zimmermodule wurden per Tieflader angeliefert und mit dem Autokran millimetergenau neben- und übereinander platziert.

Fertig eingerichtet werden die einzelnen Zimmermodule mit dem Autokran zum Hoteltrakt zusammengesetzt.
Fotos: Werner Rensing

Wenn die Zimmer am Kran einschweben, sind sie bereits vollständig eingerichtet – eine faszinierende Vorstellung. Eine Vorstellung von den Räumen liefern einige Bilder der Zimmerei Stark, auf denen zwar keine Sofas, aber immerhin Betthäupter mit Posamentenknöpfen zu sehen sind:

Auf den ersten Fotos der Hotelzimmer erkennt man die Posamentenknöpfe an den gepolsterten Betthäuptern.
Fotos: Zimmerei Stark

Ich kann es kaum erwarten, das fertige Hotel zu sehen und hoffentlich einen Blick in eines der Zimmer zu werfen. Zwar kann ich mich nicht mit dem Titel „königliche Hoflieferantin“ schmücken, aber immerhin behaupten, ich hätte schon „Knöpfe für die Krone“ geliefert. Das wäre nicht mal übertrieben.

8 Antworten auf „Knöpfe für die Krone“

  1. Wow. Das war sicherlich ganz schön stressig. Aber das Ergebnis ist umwerfend! Hoffentlich wissen die zukünftigen Gäste des Hotels die wunderschönen Knöpfe zu schätzen.
    Liebe Grüße

    1. Ich bin nicht sicher, dass den Gästen die Knöpfe überhaupt auffallen. Aber ich freue mich sehr über die Idee der Planerinnen und Planer, so ein außergewöhnliches Detail einzuarbeiten.

  2. Wie toll ist das denn!? Respekt für diese feine Fleißarbeit! Die Farbauswahl kommt eher sehr entgegen aber trotzdem 200 Knöpfe zu machen ist schon eine riesen Leistung! Und dann noch das persönliche Engagement mit der Lieferung! Eine wunderbare Vorstellung des deine schönen Knöpfe jetzt diese Zimmer verschönern und nun ist eigentlich ein Aufenthalt dort in dem Hotel ein absolutes Muss! Herzliche Glückwünsche Helene!

  3. Liebe Helene, herzlichen Dank dass du uns an dieser besonderen Arbeit von dir teilhaben lässt. Was für ein tolles Projekt. Ich hoffe, dass für deinen Mann und dich ein Hotelwochenende in einem der neuen Zimmer mit “deinen” Knöpfen herausspringt. Was ich persönlich auch toll finde ist, dass du mit diesem Mammutprojekt die eigentliche Knopfmacherarbeit in Ehren hältst. War es nicht meist so, dass mehrere, wenn nicht viele gleiche Knöpfe hergestellt werden mussten? Nicht wie wir jetzt meist einzelne Schönheiten?! Und da arbeitet man eben rationell. Herzlichen Glückwunsch dir, es ist wieder was ganz Tolles geworden und du kannst wirklich behaupten dass deine Knöpfe die Krone schmücken. Lieben Gruß von Gudrun

    1. Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen und netten Kommentar, liebe Gudrun! Du hast recht: Die Knopfmacher von einst hatten sicher nicht das Privileg, sich an jedem Knopf aufs Neue kreativ austoben zu können, sondern mussten Serien in überschaubarer Zeit anfertigen, um von ihrem Handwerk leben zu können. Ich bin ganz begeistert davon, dass die traditionellen Posamentenknöpfe in den modernen Zimmern des historischen Hotels eine Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit schlagen. Und die Frage „Was macht man eigentlich mit solchen Knöpfen?“ ist damit auch beantwortet.
      Viele liebe Grüße
      Helene

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